Samstag, Januar 30, 2016

Wie ich FeminstIn wurde …

Ich weiß nicht, wie andere Menschen neue Erkenntnisse, neue Ansichten der Welt bekommen. Bei mir ist es glaube ich meist so, dass mein Kopf sehr lange mit Gedanken und Ideen „Schwanger“ ist – vielleicht Argumente und Wissen zu einem Thema anhäuft – und es dann irgendwann einen Moment, einen kurzen Auslöser gibt, der meine bisherige Sicht z.T. völlig verändert. Dieser Moment der Erkenntnis sorgt dann meist für einen ganzen Haufen weiterer Erkenntnisse und Schlußfolgerungen. Nicht alles davon – oder besser gesagt fast gar nichts davon – halte ich schriftlich fest, um diesen Moment der Erkenntnis zu teilen. Aber bei einem Thema brennt es mir nun doch auf den Nägeln, weil es nunja, mir scheint wirklich tief zu greifen in die Grundfeste unserer Sozialisation und vielleicht auch, weil es mich selbst schockiert hat, wie viel der „Mainstream“-Kultur ich als alternativ denkender Mensch in mein Weltbild übernommen hatte. Es geht um das Thema „Frauenbild“.

Ich bin irgendwie „bürgerlich“ aufgewachsen, wenn man das so sagen kann. In einer Welt, wo wir als Kinder an Grund- und Weiterführenden Schulen Dinge lernen wie: dass Rassismus böse ist, dass Frauen gleichberechtigt sind und dass wir in einem aufgeklärten Zeitalter leben und selbst entscheiden dürfen, ob wir an Gott glauben wollen oder nicht. Für mich waren das alles abgeschlossene Prozesse. Um beim Thema zu bleiben: die Gleichberechtigung von Frau und Mann waren für mich „fertig“. In der Schule gelernt, Thema durch. Und im Grunde bin ich mit dieser Einstellung durch mein ganzes, weiteres Leben gegangen. Klar wusste ich, dass es irgendwo in fernen Ländern anders aus sah, aber wenn hier in diesem Land Frauen von Unterdrückung usw… sprachen, dann dachte ich meist: naja, ihr habt doch alle Freiheiten hier, ihr kriegt das schon hin. Klar wußte ich von gesellschaftlichen Zwängen und dem Teenie-Porno Scheiß auf MTV oder RTL und pipapo, aber dennoch blieb das irgendwie immer „abstrakt“ für mich.

Irgendwann in den letzten Jahren (2013/2014), begann ich mal wieder vermehrt Computerspiele zu spielen. Mein alter PC hatte sich verabschiedet und da ich gerade ganz gut Geld verdiente leistete ich mir sogar mal eine halbwegs aktuelle Grafikkarte und bekam dann ja auch schnell für wenig Geld – dank Plattformen wie GOG und Steam – jede Menge Futter zum Spielen. Unter anderem auch das zu dem Zeitpunkt schon etwas ältere Rollenspiel „Dragon Age: Origins“. Ich hatte nie viel mit Rollenspielen am Hut, aber aufgrund der guten Kritiken und dem günstigen Preis von 2,99 im Steam Sale dachte ich: probierste halt mal aus. Ich kann sagen, es hat sich mehr als gelohnt.

Ich spielte also „DAO“ zum ersten mal durch als „männlicher Mensch Krieger“, weil ich irgendwo gehört hatte, das wäre so für Einsteiger das Richtige. Das Tolle an „DAO“ ist jedoch, dass die ersten 1-2 Spielstunden jeweils 6 unterschiedliche Anfänge der Geschichte boten, je nachdem mit welcher Kombination aus „Rasse“ (Elf, Zwerg, Mensch) und „Klasse“ (Krieger, Magier, Schurke) man das Spiel startet. Da ich ja nun, nach erstem Durchspielen kein „Einsteiger“ mehr war, wollte ich einmal probieren das Spiel als Magier zu spielen. Während ich mich durch die Charaktererstellung klickte dachte ich dann spontan auch: ach, was soll es? Spiel ich doch diesmal als Frau, damit das zweite Spielerlebnis dem ersten möglichst unähnlich sein würde. Ich erstellte also „Sandora“ meine Magierin und startete einen zweiten Durchlauf.

Der Anfang war – wie gesagt – prinzipbedingt ja schon völlig neu und aufregend, aber da mich das Spiel so fesselte, spielte ich auch nach dem „anderen“ Anfang einfach weiter. Zunächst kam mir das Meiste ja bekannt vor. Dann lief ich durch die Welt, von einem Ort zum anderen und immer mal wieder kamen Dialoge, die vorher nicht da waren. Irgendeine Wache sprach mich an, machte mir „Avancen“, die Stadthalter luden mich auf „Privatparties“ ein und ich sagte immer „Nö, danke!“ - ich wollte ja das vermaledeite Spiel spielen und Abenteuer erleben und nicht mit irgendwelchen Pennern ins Bett hüpfen. Inhalte von denen ich denke, dass sie Entwickler eh nur in ihre Spiele packen, damit irgendwelche Pickelgesichtigen Loser-Teenager ihre Games kaufen. Je länger ich als „Sandora“ spielte, desto mehr ging mir das auf'n Sack ständig das Gefühl zu haben, von irgendwelchen Deppen als ein Stück Fickfleisch behandelt zu werden. Und dann dämmerte es mir langsam. Etwas, was ich vermutlich seit frühester Kindheit wusste, aber nie wirklich im Innersten begriffen hatte. Abends fragte ich meine Freundin: „ist das wirklich so? Fühlt sich das so an, als Frau in dieser Welt zu Leben?“, sie antwortete mit „Ja“. Ich rief: „das ist ja furchtbar!!!“

Ich erkannte: es ist alles Bullshit, von wegen Frauen seien gleichberechtigt. Ich weiß nun, dass keine Frau auf diesem gottverdammten Planeten jemals wirklich den gleichen Status an „Freiheit“ erlangen kann, den ich habe. Selbst wenn sie in die Welt hinaus gehen und einfach nur Abenteuer erleben wollen, sie müssen permanent damit Leben mit genau dem Schwachsinnigen Geschwafel der Männer genervt zu werden, wie ich als „Sandora“ in meinem Spiel. Und das allerschlimmste für mich persönlich war daran die Erkenntnis: Männer wie mir.

Ja, ich habe als Kind auch mal mit den Mädchen Puppen gespielt. Ja, ich machte auch das Maul auf, wenn Frauen angegangen werden. Ja, ich kritisierte immer schon die hypersexuellen medialen Darstellungen von Frauen. Aber auch: ja, ich bin/war Musiker, - war viel unterwegs. Ich liebte es zu Flirten. Ich liebte es im Sommer Frauen auf Ärsche und Titten zu glotzen und mich mit meinen Band-/Geschlechtergenossen darüber zu unterhalten wie „geil“ die wären. Klar, wir haben unsere Frauen nie betrogen, haben nie irgendwen angegrapscht. Ich war meist nett und Charmant und tatsächlich habe ich letzten Endes doch auch am meisten gezehrt, von den tollen Konversationen, die ich  mit Frauen hatte, von den Einblicken in fremde Leben und von diesem magischen Zauber für einen kurzen Moment ein anderes Leben zu streifen und daraus zu lernen, dass wir Menschen nicht alleine sind auf der Welt. Das hat mich leider nicht abgehalten im nächsten Moment im Tourbus Blowjob Witze zu reißen. Es schien irgendwie kein Widerspruch zu sein. Es war so dieses „Jungs unter sich“ Ding. Ich habe mir gesagt: ach, das machen die Weiber doch genau so.

Vielleicht stimmt letzteres sogar. Vielleicht ist das die soziale Wirklichkeit in der wir uns eingefunden haben. Die „neuen“ Geschlechterrollen. Dass Gleichberechtigung eben bedeutet, dass Frauen halt Pussylick oder wasweißich für Witze im „Gegenzug“ machen. Die Frage ist nur: will ich in so einer Welt leben? Nein.

Ich glaube nicht, dass es irgendwie hilft, wenn Frauen halt „männlicher“ werden oder Männer halt „weiblicher“. So lange wir das tun und so denken, so lange bleiben wir immer nur in bestehenden Denksystemen, die abgenutzter sind als meine durchlöcherten Turnschuhe. Das einzige, was hilft ist, wenn wir Menschen „menschlicher“ werden. Wenn wir aufhören uns als Männer, Frauen oder überhaupt bereits als „fertige“ Menschen zu begreifen. Wenn wir anfangen uns als Kreaturen zu verstehen, die unbedingt Menschen „werden wollen“ – dem „Menschengeschlecht“ zugehörig.

Es ist natürlich Quatsch zu denken, man könnte jegliche Biologie, jegliche „Natur“ in uns überwinden. Das ist auch nicht mein Anliegen. Zumindest auf Heterosexuelle trifft es einfach zu, dass jeder Mensch des anderen Geschlechts ein potentieller Sexualpartner ist – in diesem Universum der Möglichkeiten. Ich glaube wichtig ist, sich bewusst zu werden, dass diese Qualität eben nur „sekundär“ ist. Dass das Primäre eben der Austausch von Gedanken, Gefühlen und Ideen unter emanzipierten, wirklich gleichberechtigten Menschen ist.

Naja, ich will auch nicht zu sehr abschweifen ins „Universale“. Ich wollte hauptsächlich erst einmal diese kleine Geschichte teilen, die mir selbst halt einen völlig neuen Blick auf das Thema „Frauenbild“ eröffnet hat, den ich in der Form vorher nicht hatte. Letztlich muss jeder persönlich entscheiden und hinterfragen, wo er steht und warum. Ich weiß nur für mich: mein Blick ist nun etwas geschärft und ich möchte auf jeden Fall vermeiden Teil dieser Welt zu sein, der es meiner „Sandora“ so schwer gemacht hat. Und wenn Du eine Frau bist, die ich kennenlernen durfte und Du das Gefühl hast, dass ich Dich in irgendeiner Weise in dieser Art behandelt habe, dann möchte ich mich aufrichtig dafür entschuldigen. Ich war, ja ich bin auch häufig sehr gedankenlos in sozialer Interaktion, aber es ist wichtig, dass Du weißt, dass Du mir als Mensch mehr bedeutest, als als „Fickfleisch“. Das war im Grunde auch vor dieser Einsicht auch schon so, nur habe ich Idiot das manchmal vermutlich vermasselt.

Fühlt sich irgendwie wie ein „Outing“ an. Keine Ahnung. Man sagt ja FeministInnen sind entweder ungefickte, häßliche Männer oder Kampflesben. Da ich 10 Jahre glücklich in einer Beziehung lebe, lässt das nur einen logischen Schluss zu:

Ich bin eine Kampflesbe!

Liebe,
Jan

Montag, Juli 12, 2010

Stationäre Rauchertherapie in D?

Was soll eigentlich immer wieder dieser Nichtraucherschutzblalbaquark? Warum nicht Nägel mit Köppen machen? Stationäre Therapieangebote für stark Abhängige (wasweißich so ab 15/20 Kippen/Tag) und Tabak verbieten. Fertig. Aus die Maus.

Ich würde mal sagen, ich gehöre eher zu den extrem stark abhängigen Raucher mit 30-50 Zigaretten pro Tag. Ich KANN es nicht einfach lassen, ohne Hilfe und mit dem Wissen, dass ich an jeder Ecke ein neues Päckchen Tabak kaufen kann.

Und das Dummgeschwätz von "Willen" und Co. kann ja auch nur derjenige ernst meinen, der die "Rückfallquoten" - selbst bei Leuten, die viele Jahre Abstinent waren - vollkommen ignoriert.

Also, Ja oder Nein liebe Politiker und nicht irgendsoeine gequirrlte, halbgare Scheiße!

Eine "abgeschächte" Variante könnte ich mir höchstens noch vorstellen: jeder über 18 Jährige, der derzeit noch Raucher ist, holt sich vom Arzt 'ne Raucherbescheinigung und kann auf Vorlage noch bis er krepiert inner Apotheke Kippen kaufen. Für alle anderen wird Rauchen ab sofort verboten. Ist zwar eigentlicht kacke, aber bei dem derzeitigen Sparkurs der Regierung spart man sich so zumindest die Therapieplätze und kann sogar noch abkassieren bei der letzten Generation der Tabakjunkies.

Montag, Februar 22, 2010

Vom Scheitern

Das Scheitern, das Versagen übt auf mich eine sehr starke Faszination aus. Ja, ich bin geradezu begeistert von der Art und Weise wie es uns unserer inneren und äußeren Grenzen ermahnt. Belanglos aber scheint mir diese Form des Scheiterns, die uns durch Sozialisation mitgegeben wird. Die Vokabel "gescheiterte Existenz", die letztlich nur die Inkompatibilität eines Individuums mit den Gesetzen und Regeln einer leistungsorientierten, kapitalistischen Gesellschaft meint, rückt das echte Scheitern und das Versagen in eine zwielichtige Ecke. Das Scheitern verkommt von "aus tiefstem Herzen, aus tiefster Seele gewollt, aber nicht erreicht" zu "nicht genug gewollt", "nicht genug Mühe gegeben".

Trial and Error und zyklische Entwicklung weichen der Gigalomanie: Wachstum, Wachstum! - Herbst und Winter werden wegrationalisiert. Aber da war er doch: der Winter, über den sich die ganze Nation ausweint. Und das inmitten der globalen Erwärmung. Die Polkappen schmelzen und auf der Elbe geht man spazieren. Die Natur kann man nicht verarschen, Menschen schon. Was widerrum zeigt, wie weit wir uns scheinbar von unserer eigenen Natur entfernt haben.

Der "Leistungsträger" als Prototyp der neuen Herrenrasse. Jung, dynamisch und facegeliftet. Der Prophet eines misantropischen sich selbst zerstörenden Systems. Mir schleierhaft, wer folgende Frage mit einem klaren "Ja" beantwortet: "Will ich wirklich SO leben?". Selbst diese Frage krankt schon an meiner eigenen Internalisation. "Wollen WIR wirklich SO leben?" müsste sie eigentlich lauten und dass zunächst die erste Formulierung in den Kopf kommt, zeigt schon wie tief sich das Schweinesystem im eigenen Hirn manifestiert hat.

Ein Leben, eine echte Existenz zu skizzieren, die zumindest im Ansatz auf Alternativen hinweist, dies soll unsere und in zweiter Linie auch meine Sache sein. Da man kein Haus vom Dach aus bauen kann, werfe ich das Scheitern in die Diskussion. Scheitern und Versagen sollten in ihrer existentiellen Tiefe gelebt und ausgelebt werden. Nicht nur als legitimer, sondern als notwendiger Bestandteil des zyklischen Gesamtprozesses namens "Leben".

Liebe, Frieden und den ganzen Scheiß!
jansalleine

Donnerstag, Februar 18, 2010

Die Apokalypse geht weiter

An dieser Stelle dokumentierte ich vor ein paar Jahren den fortschreitenden Wahnsinn, den mein armes Hirn ergriffen hatte. Doch mit immer fortschreitenderem Wahnsinn schritt auch die Unlust fort, darüber zu berichten. Jetzt ist alles geschrieben und gesagt. Meine letzte "echte" Depression hatte ich im Jahr 2007 und mit dem Verschwinden von Problemen, scheint auch das Mitteilungsbedürfnis zu schwinden. Aber ich bin ja nicht ganz blöde...

So hab ich mir neue, künstliche Probleme geschaffen. Hab die Abendschule erfolgreich hinter mich gebracht und mich Halsüberkopf in den vollkommen beknackten Alltag eines Mathematik/Informatik Studiums geschmissen. Nur um festzustellen, dass künstlicher Schmerz eben doch nicht die gleiche Befriedigung bringt, wie echter.

Was ist zu tun? Ein bisschen echten Schmerz forcieren in dem ich den Menschen, die ich liebe halbvolle Bierflaschen vor die Hirse knalle? Mich bis ans Ende meines Lebens in einer sicheren Epsilonumgebung um den Wahnsinn drumherum bewegen? Vermutlich nicht. Vermutlich eher das Gegenteil. Zurücklehnen und entspannen, dass die neuen, künstlichen Probleme tausendfach leichter wiegen, als die vergangenen und trotzdem den Mut haben, sich genauso über belanglose Scheiße aufregen und auslassen können, wie über scheinbar "relevantes" :) ...

Ein paar Texte in die Leere des digitalen Universums hineingerufen. Ich glaube, da habe ich jetzt echt Bock drauf. Bin mal gespannt, was zuerst kommt: dass irgendwer entdeckt, dass das Programm jetzt hier weitergeht oder dass ich es nicht mehr aushalten kann und den Schrott hier irgendwo verlinken muss... Verlinkung stinkt immer so ein bisschen nach Verpflichtung. Und da hier mehr Lustlosigkeit statt Lust Motor sein zu scheint, geb ich mir wenigstens Mühe mir das vorerst zu verkneifen. Vielleicht sollte ich wenigstens einen Haufen Worte wie "Titten" und "Ficken" und "Tittenfick" (höhö) hier platzieren, damit sich der ein oder andere Google-User hierin verirrt.

Na egal, ich muss ja nichteinmal auf mich selbst zurückfallen. Union und FDP sind jetzt an der Regierung. Das alleine ist schon Grund genug um festzustellen: "Die Apokalypse geht weiter"... --- immer --- überall --- systemimmanent ---

Liebe, Frieden und den ganzen Scheiß!
jansalleine